Man wird nicht alle Tage zu einer Hochzeit nach Slowenien eingeladen. Mir ist vom ersten Moment, als die Einladung aus unserem engsten Familienkreis ins Haus flattert, klar, dass es gar keine andere Option gibt, als diese umgehend anzunehmen. Ich liebe Familienfeiern (ja, das finden viele komisch, ist aber so) und ich liebe es zu reisen. Es kann somit nichts besser geben, als beides in Kombination zu erleben.

Eine kleine Hürde gibt es in diesem Moment allerdings noch: Die Hochzeit findet außerhalb der Ferien am Pfingstwochenende statt und die Kinder müssen für die Anreise zwei Tage beurlaubt werden. Also Formulare ausfüllen und ein paar Tage zittern bis die ersehnte Genehmigung der Schulen ins Haus flattert. Jetzt kann endlich die Planung für unseren Kurzurlaub in Portoroz beginnen.

Portoroz liegt im Norden von Istrien, das ihr sicherlich schonmal im Zusammenhang mit Kroatien gehört habt. Slowenien hat dort ein kleines, aber feines Stückchen Küste. Wie oft bin ich nur wenige Kilometer entfernt vorbeigerauscht, um mit meinen Mädels oder später auch mit meiner Familie in die Wohnung meiner Freundin Julia in Funtana zu fahren. Slowenien war für mich bisher immer nur ein Transitland, das draußen an der Windschutzscheibe vorbeirauschte.

Zunächst überlegen wir mit dem Auto anzureisen mit zwei Zwischenstopps auf dem Weg in den Süden. Aber wir sind aktuell etwas roadtripmüde und entscheiden uns daher schließlich dazu zu fliegen. Auch das ist nicht ganz so einfach wie gedacht. Früher gab es wohl Direktflüge von Hannover nach Ljubljana, da ist aber leider nichts zu machen. Im Sommer gibt es Flüge nach Pula auf der kroatischen Seite von Istrien, die sind aber zu unserer Buchungszeit noch nicht zu finden. Also entscheiden wir uns für Flüge nach Triest, bei denen wir einen kurzen Zwischenstopp in Frankfurt haben. 3,5 Stunden Flug gegen 12 Stunden Autofahrt sind doch schonmal eine gute, zeitliche Verbesserung. Wir haben ja nur knapp 5 Tage zur Verfügung. Die wollen wohlbedacht genutzt werden!

Als Unterkunft habe ich die „Casa del Sol“ in Portoroz gebucht. Eine Ferienwohnung in einem sehr modernen Mehrfamilienhaus mit Pool. Wir haben sogar Glück, denn auf den Bildern im Netz konnte man gar nicht erkennen, dass wir sogar DIE Ferienwohnung haben, deren Terrasse direkt an den Pool grenzt. Als wir am Anreisetag nachts in der Ferienwohnung ankommen, haben unsere lieben Verwandten schon den Schlüssel zur Wohnung für uns abgeholt und grandioser Weise den Kühlschrank bis zum Anschlag befüllt. Alles für ein gutes Frühstück ist vorhanden, flankiert von einer Flasche Prosecco, die unsere Vermieter uns zur Begrüßung bereitgestellt haben. Besser kann das Wochenende nicht starten! Mads ist entzückt, dass es sogar ein Glas Nutella gibt. Wir hatten doch tatsächlich schon überlegt, eines von Zuhause mitzunehmen, damit das Kind im Urlaub nicht darauf verzichten muss. Aber tatsächlich hat das schon Luisa, die Braut, übernommen.

Während in der Heimat der Regen bei kalten Temperaturen das Pfingstwochenende einläutet, liegen wir bei 28°C an unserem ersten Tag am Pool und freuen uns unseres Lebens. Erst am Abend machen wir uns auf in Richtung des Hafens von Portoroz, wo die Familie zu einem ersten Hochzeits-Get-Together in einer Strandbar zusammenkommt. Wir sind unsicher, wie schick das Ganze werden wird. „Hochzeit“, „Yachthafen“, „Get Together“…mhm…ich frage per Nachricht nach und ernte lachende Smileys. „Kommt in Badesachen. Es ist eine Strandbar!“, bekomme ich als Antwort. Puh, das gefällt uns! Also Badesachen untergezogen und doch ein kleines bisschen schick gemacht. Man weiß ja nie… Wir schlendern 4,5 Kilometer in der Abendsonne von unserer Unterkunft am Meer entlang zu Hafen, der sich auf der anderen Seite des Ortes befindet. Man kann den gesamten Weg über die Promenade zurücklegen und zusehen, wie die Sonne langsam hinter dem Kirchturm der Kirchenruine untergeht, in der morgen geheiratet wird. Wunderschön! In der Beachbar angekommen, finden wir ein entspanntes Zusammentreffen mit Freunden des Brautpaares und Familienmitgliedern, die wir schon lange nicht mehr gesehen haben. Es gibt kalte Getränke im Abendrot und massenweise Pizzakartons werden zu unserer Verpflegung geliefert. Alles ganz entspannt mit dem Rauschen der Wellen im Hintergrund. Da es in Deutschland gerade so kalt und nass ist, fühlt es sich für uns fast surreal an, dass wir gerade hier sitzen, die Füße im Sand und einen bunten Cocktail vor uns.

Der Samstag steht ganz im Zeichen der Hochzeit. Diese findet mit der Standesbeamtin der Stadt Portoroz und einem Übersetzer in der Kirchenruine Cerkev sv. Bernardina statt, die direkt eben dem Hotel steht, in dem Abends noch gefeiert wird. Die Trauung ist sehr persönlich und emotional. Ein paar Tränchen können wir nicht zurückhalten. Danach gibt es einen kleinen Empfang mit Blick über die Bucht und dann bewegt sich die ganze Hochzeitsgesellschaft zu einem kleinen Anleger unterhalb der Hochzeitslocation. Hier wartet überraschenderweise ein Ausflugsschiff auf uns, mit dem wir zur Kaffeezeit zwei Stunden um die benachbarte, wunderschöne Küstenstadt Piran schippern. Dabei essen wir traditionellen Kuchen aus der Region und genießen den Ausblick. Ich hatte sowieso überlegt, ob wir an diesem Wochenende einen Bootsausflug machen könnten und bin begeistert, dass dieser jetzt in diesem Rahmen stattfindet. Wir feiern noch bis tief in die Nacht mit leckerem Essen, lustigen Anekdoten über das Brautpaar und guter Musik im Hotel Histrion. Auf jeden Fall dürfen nicht wieder Jahre vergehen, bis wir diesen Teil der Familie wiedersehen, wird allgemein beschlossen. Alle haben immer soviel um die Ohren, aber irgendwie muss es ja möglich sein, alle mal unter einen Hut zu bekommen. Darauf stoßen wir an! Als wir nachts nach Hause kommen, habe ich aus irgendeinem Grund Mads versprochen, dass wir in unseren feinen Klamotten in den Pool springen. Patschnass und lachend klingt dieser Tag aus.

Am Sonntag sind wir schlapp vom Feiern und chillen an unserem Pool. Durch die Nebensaison ist das Haus nicht voll ausgebucht, so dass wir ihn die meiste Zeit des Tages für uns allein haben. Erst gegen Abend kommen wir wieder etwas in die Gänge und wandern wieder an der Küste entlang. Diesmal geht es in Richtung Piran, wo wir zu Abend essen wollen. Ich möchte auf jeden Fall an der Promenade der historischen Altstadt essen. Alle Restaurants haben sehr gute Bewertungen und ich überlasse meiner Familie die Auswahl. Aber die ist hungrig und müde, so dass wir einfach im ersten Restaurant landen, das uns über den Weg läuft. Ja, sie sind da eher pragmatisch, während ich wohl noch etwas geschlendert wäre und mir dann das ausgesucht hätte, das von außen am schönsten aussieht. Aber wir haben einen schönen Tisch auf der Terrasse, gucken auf die Adria und das Essen ist lecker, was will man mehr! Essen ist in dieser Familie ein sehr wichtiger Faktor. Sind wir hungrig und ausgelaugt, wird man uns irgendwo in der Öffentlichkeit herumstehen und wie eine knurrige Gruppe Streifenhörnchen diskutieren sehen. Sobald der erste Bissen verspeist ist, legt sich diese Stimmung und wir sind wieder ganz wir. Ein Phänomen, dass mich seit Jahren fasziniert, haha.

Da wir in der Nacht von Montag auf Dienstag schon wieder nach Hause fliegen (und dafür um 3 Uhr nachts aufstehen müssen, seufz), ist am Montag tatsächlich schon unser letzter Tag. Wir wollen gar nicht nach Hause. Gefühlt sind wir gerade erst angekommen und die Wohnung, der Ort und alles drum herum gefällt uns unheimlich gut. Meine Familie möchte den Tag am Pool verbringen und ich möchte noch ein bisschen Sightseeing in Piran machen. Also ziehe ich mit meiner Spiegelreflexkamera los, flaniere am Meer entlang, stoppe hier und da für ein Foto und betrete die kleinen Gassen von Piran über den großen Tartiniplatz.

Ich steige bei knapp 30°C auf den Kirchturm der Kathedrale St. Georg mit seinen 146 Stufen (ja, ich habe nachgezählt). Von oben hat man einen Wahnsinnsausblick über die Stadt und das Meer. Man kann sogar bis nach Italien herübergucken. Die Kathedrale ist übrigens eine etwas kleinere Version des Markusplatz-Turms in Venedig. Kam mir doch gleich so bekannt vor. Oben weht eine ordentliche Brise, was ich super finde, angesichts der hohen Temperaturen. Wieder unten umrunde ich die Halbinsel, auf der Piran liegt. Auf der Nordseite der Stadt weht der Bora, ein starker, kalter Fallwind, so stark, dass die Wellen über die Promenade schlagen. Auf der anderen Seite spürt man fast nichts davon.

Ich stehe in der Sonne und mache dort Fotos von einer Meerjungfrauenstatue, die an eine modernere Version der kleinen Meerjungfrau in Kopenhagen erinnern. Plötzlich kommt ein Paar auf mich zu, der Mann zeigt auf mich und ruft: „Na, das ist ja auch mal eine heiße Schnecke!“. Einen kurzen Moment fühle ich mich irritiert und geschmeichelt zugleich, dann fällt mir auf, dass er die steinernde Meerjungfrau hinter mir meint, haha.

Am Tartiniplatz gibt ein Café, dass eine ganz besondere Torte namens Š’Torta serviert. Mir wurde auf der Hochzeit schon viel davon erzählt. Die Š’Torta wurde 2023 von einem lokalen Sternekoch entwickelt. Sie vereint Zutaten, die regional hergestellt werden, wie Olivenöl und piranisches Meersalz. Die Torte ist karamelig süß, wird aber mit einer Pipette mit Olivenöl serviert, das man dann nach Belieben darüber träufelt. Ich zumindest habe noch nie etwas derartiges gegessen und zelebriere sie an meinem kleinen Tischchen im Café mit Blick auf die historischen Bauten.

Mit meiner Familie habe ich mich im Anschluss am Meer zum Baden verabredet. An einem kleinen Kiesstrand bei Piran treffen wir uns und toben durch die Wellen, die der Bora aufbringt. Letzter Tag, erstes und letztes Bad in der Adria und abends wartet noch ein leckeres Essen mit den Familienmitgliedern, die noch in der Stadt sind, auf uns. Es könnte nicht schöner sein. Portoroz und Piran werden wir sicher nicht zum letzten Mal besucht haben. Noch während wir am Strand liegen entspringt die Idee, dass dies vielleicht zu einer kleinen Pfingsttradition werden könnte. Und Slowenien generell steht auch noch auf unserer Liste. Auch im Hinterland gibt es so wunderschöne Ecken wie Bled oder die Soča. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass unsere Reiseliste mit all den Jahren nicht kürzer, sondern immer länger wird. Aber so soll es eben sein!


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