Ich mag Wochenendtrips. Sie sind kleine Inseln im Ozean des Alltags. Kleine Auszeiten, in denen man viel Neues erleben kann, bis die nächste, größere Reise ansteht. Sie müssen zudem nicht teuer sein, je nach Unterkunft und der Art der Verpflegung, die man wählt. Und sie helfen mir mal durchzuatmen, um danach wieder aufgeladen in eine neue Woche zu starten. Noch besser ist es, wenn man unter Freunden oder Freundinnen unterwegs ist oder sogar Freunden im Ausland einen Kurzbesuch abstattet.

Das erste der beiden Wochenenden verbringe ich mit meinen Freundinnen Julia und Jasmina in Den Haag. Wir haben ein ganz besonderes AirBNB gebucht, das in der beliebten Piet Heinstraat liegt; Einer kleinen, aber feinen Einkaufsstraße. Das Besondere an unserer Unterkunft ist, dass wir in einem ehemaligen Ladenlokal wohnen. Unsere Wohnküche mit hohen Decken hat tatsächlich ein großes Schaufenster zur Straße, so dass wir vom Sofa aus das Treiben im Viertel beobachten können. Die Schlafzimmer liegen dafür im Inneren des Gebäudes, waren wahrscheinlich früher einmal Lagerfläche und haben keine Fenster. Ich bin klaustrophobisch und kann mich nur in dem Vorderen der beiden aufhalten, das zumindest ein Fenster zur Küche hat. Aber gut, ein kleiner Kompromiss für eine schöne Unterkunft!

Wir drei sind gut zu Fuß, also beschließen wir an einem Tag bis nach Scheveningen zu gehen, dem Stadtteil von Den Haag, der direkt am Strand liegt. Knappe 6km sind wir unterwegs, gehen an Botschaften vorbei, dem Friedenspalast und dann ziemlich lange schnurgeradeaus durch einen Park. Die Strecke ist kurzweilig und wenn man endlich mal wieder Zeit hat, um in Ruhe zu quatschen, vergeht die Zeit umso schneller. In Scheveningen gehen wir am Strand spazieren und arbeiten uns durch die Beachbars. Wir sitzen in Strandstühlen und liegen auf Strandbetten, haben leckere Cocktails und kleine Snacks in der Hand. Zum ersten Mal seit langem fahre ich komplett herunter und bei all dem Relaxen sorgt der Rückweg gegen Abend wieder für ein bisschen Bewegung.

Zentral in Den Haag zu wohnen hat den Vorteil, dass man alle interessanten Restaurants und Bars in der direkten Umgebung hat. Nicht weit von unserer Unterkunft ist der Anna Paulownaplein, an dem man genau diese finden kann. Wir gehen dort im „Room“ essen, sitzen draußen in den letzten Sonnenstrahlen, während auf der Mitte des Platzes ein DJ spielt und die Leute auf der Straße tanzen. Ich liebe ja solche Orte, die sich sofort nach Urlaub anfühlen!

In den Straßen um unser „Mini Hotel“ herum nutzen die Anwohner jeden Zentimeter auf dem Bürgersteig vor ihrer Haustür, um es sich gemütlich zu machen. Blumentöpfe, kleine Tischchen und Stühle werden einfach nach draußen gestellt, mitten in den Trubel der Straße. Das finden wir super und machen es ihnen nach. In der Wohnung finden wir einen kleinen, orangen Klapptisch und Klappstühle. Eine Flasche Wein mit rausgenommen – und zack, sind wir mittendrin im Geschehen. Man könnte fast vermuten, dass wir ein weiterer Tisch sind, der zu der kleinen Eisdiele nebenan (Grüße gehen raus an Piet) gehört. Dort sitzen wir einen kompletten Abend, quatschen, trinken Wein und schlecken Eis von Piet’s Eisdiele.

Den Haag hat sich als unser Lieblingsort für solche Trips eingebürgert. Wir haben hier alles, das wir brauchen: Stadt, Meer, weitläufige Strände, Sehenswürdigkeiten, schöne Unterkünfte und nette Menschen um uns herum. Mittlerweile haben wir sogar eine Beachbar im angrenzenden Kijkduin, der wir jedes Mal einen Besuch abstatten. Im Beachclub Birds gibt es daher auch zum Abschluss dieser Reise ein ausgiebiges Frühstück mit Meerblick.

Zwei Wochen nach diesem entspannten Wochenende geht es für mich allerdings in eine ganz andere Richtung. Mit meinem Bulli brause ich rund 6 Stunden über die Autobahn gen Elsass und treffe mich mit meinen Freundinnen aus meiner Studienzeit in Kopenhagen. Traditionell treffen wir uns jedes Jahr, meist im September, in irgendeiner Stadt in Europa. Diesmal sind wir in Mulhouse im Elsass bei meiner Freundin Alka und ihrem Freund Lavish, die im 8. Stock in einer schönen Wohnung mit Blick über die Stadt leben. Bei der ersten kleinen Führung durch Mulhouse offenbart uns Alka, dass Mulhouse als die „nicht so schöne Stadt“ des Elsass gilt. Dafür kann sie sich aber schon sehen lassen, denke ich! Allein der Platz um den Temple Saint-Etienne und das lila bemalte Rathaus gefällt mir sehr. Wir kehren tagsüber in kleinen Cafés ein und besuchen das Musée des Beaux-Arts, das Museum für bildende Künste. Ich finde es ganz toll, dass viele der lokalen Museen kostenlos sind und jeder dadurch die Möglichkeit hat, sie zu erleben.

Abends werden wir von Alka und Lavish indisch bekocht als kleinen Vorgeschmack auf eine Reise, die wir alle zusammen im kommenden Jahr planen: Alkas Geburtstag in Udaipur / Indien.

Als eine der schönsten Städte des Elsass gilt Colmar, das wir an einem anderen Tag unseres Aufenthalts besuchen. Colmar ist wirklich bezaubernd, aber hier herrscht natürlich ein ganz anderer touristischer Traffic als in Mulhouse. Auf dem großen Parkplatz im Zentrum läuft mir direkt ein deutscher Herr hinterher: „Entschuldigen Sie bitte! Haben Sie gar kein Parkticket gezogen?“, fragt er mich irritiert. Ich drehe mich, ebenso irritiert, um: „Nein, ich nutze immer die gängigen Park-Apps. Außerdem ist der Parkplatz mittags von 12-14 Uhr kostenfrei.“ „Ach so, na dann ist ja gut!“, kontert er. Was stimmt mit uns Deutschen eigentlich nicht? Ich frage mich in diesem Moment ernsthaft, wie vermeintlich korrekt und übergriffig eine Nation eigentlich sein kann. Aber einmal tief durchgeatmet, beschließe ich, diesen Moment schnell hinter mir zu lassen.

Die Fachwerkhäuser sind niedlich und erinnern mich sofort an meine Heimat im Weserbergland. Wir haben tatsächlich Städte, die Colmar gar nicht so unähnlich sind. Passt ja auch, denn das Elsass ist logischerweise sehr Deutsch geprägt. Allerdings haben wir kein kleines Venedig, das man mitten im Stadtzentrum von Colmar findet und das ganz bezaubernd ist. Hier kann man sich sogar mit kleinen Booten durch die Kanäle schippern lassen.

In der Fußgängerzone lassen wir uns in einem urigen Restaurant nieder und bestellen echten Elsässer Flammkuchen zum Mittag. Unser Kellner ist ein lustiger Grieche, der unsere Mädelsrunde ausgiebig unterhält. „Ihr kommt aus Italien, Deutschland und Frankreich? Woher kennt ihr euch denn?“, fragt er neugierig. „Wir waren alle mit ERASMUS Stipendium in Kopenhagen!“, sagen wir fröhlich. „Na, das muss ja schon eine Weile her sein!“, lacht er und wir gucken kurz beleidigt. Ja, eine Weile ist gut…tatsächlich ist unsere Zeit in Kopenhagen dieses Jahr volljährig geworden. Ganze 18 Jahre ist es her, als ich das erste Mal die Copenhagen Business School betreten habe. Aber das muss der freche Kellner uns ja nicht direkt unter die Nase binden, haha.

Später am Tag fahren wir durch die Landschaft des Elsass, geprägt durch Weinberge und Burgen, die über den Tälern thronen, nach Ribeauvillé in die Therme Barrière. Eine gute Kombination für einen Tag unter Freundinnen: Erst eine kleine Stadt erkunden, danach in einer Therme entspannen. Mein Highlight in dieser Therme ist neben dem Außenpool das Becken, in dem unter Wasser klassische Musik gespielt wird. Mit Poolnudeln dümpeln wir im Becken herum und die leise Musik lässt mich langsam weg dösen. Danach geht es eine Runde in die Sauna. Meine Freundinnen aus Frankreich kennen diese Saunen nicht, die man nur ohne Badebekleidung nutzen darf. Alka und ich sind wie alte Hippies, sitzen gleich mittendrin und necken den Rest ein wenig. Nur eine weitere Freundin gesellt sich zu uns. Die anderen verschwinden schnell wieder im Schwimmbecken. Nach der Sauna finden wir eine Wiese hinter der Therme, auf die sich anscheinend nur wenige verirren und auf der wir uns auf Liegen in der Sonne niederlassen. Die Therme hat auch ein angeschlossenes Hotel und es lässt sich hier so gut aushalten, dass man auch gut ein Wellnesswochenende hier verbringen könnte.

Generell ist das Elsass eine Gegend, die sich absolut für einen Kurztrip lohnt. Die Landschaft ist schön und die kleinen Städtchen sind zum Teil wirklich zauberhaft. Dabei nehme ich gern Tipps an für Orte, die hübsch, aber nicht zu überlaufen sind, um sie mir direkt für einen nächsten Wochenendtrip zu merken. Wir von unserer Seite beenden unser Wochenende, gehen lecker Thailändisch essen und feiern zwei Geburtstage in unserer Runde in der Wohnung mit Blick über das leuchtende Mulhouse.


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