Du merkst, dass du im Urlaub in Kroatien bist, wenn du vom Flugzeug über das Rollfeld in den Flughafen läufst, statt mit einem Bus zu fahren. Und du merkst, dass du im Urlaub an einem Gebirgszug direkt am Meer bist, wenn du zu deiner Ferienwohnung die steilste Straße deines Lebens herunterfährst. Ich bin noch ganz aufgeregt von der steilen Anfahrt als ich die Fensterläden unserer Urlaubsunterkunft „By the Sea“ öffne und direkt mit wunderbarem Meerblick belohnt werde. Dalmatien ist komplett anders als Istrien, das ich von vielen Urlauben her kenne. Die Küste ist bergig und steil. Direkt neben unserem Haus führen 165 Treppenstufen an der Klippe hinunter zu kleinen Buchten mit Kies- und Felsständen.
Seit ich 1999 das erste Mal in Kroatien war ist das Land von Jahr zu Jahr mehr zum Touristenmagneten geworden und ich hatte befürchtet, dass wir in unserem Urlaub hier nun auch an vollen Kiesstränden baden werden. Aber hier im kleinen Ort Marusici sind tatsächlich nur ein paar Menschen aus dem Dorf und den anliegenden Ferienwohnungen mit uns am Strand. Einige treffen wir bei unserem Aufenthalt jeden Tag: Den Nachbarn, der jeden Tag auf halber Strecke zum Meer hinunter auf einer Bank sitzt und über die Bucht blickt, oder auch das ältere Ehepaar ein paar Häuser weiter, das sich jedes Mal so freut, wenn es uns in der Bucht erblickt und das jeden Abend in der Dunkelheit auf seinem Balkon so herzlich gemeinsam lacht.
Morgens schleicht sich bei mir ein Ritual ein. Ich setze Wasser auf, öffne die Fensterläden und lege mich dann mit dem ersten Kaffee des Tages ins Bett, während ich durch die geöffnete Terrassentür aufs Meer schaue. Draußen gehen die ersten Menschen bereits herunter in die Bucht, während bei uns in der Wohnung langsam alles erwacht. Wir schlafen im Urlaub gern lange und kommen an keinem Tag vor 12 Uhr zu unserem weiteren Morgenritual, das wir scherzhaft „Frühschwimmen“ nennen. Nur in Badesachen und mit einem Handtuch für jeden hüpfen wir dabei mittags nach dem Aufwachen einmal ins Meer. Mia, Jens und ich schwimmen dann fast einen Kilometer an der Küste entlang, während Mads abwechselnd mit uns schwimmt oder an der Küste über die Felsen parallel zu uns entlang klettert. Erst nach dieser ersten Runde am Meer gibt es bei uns ein sehr spätes Frühstück, bevor wir uns am Nachmittag wieder über die 165 Treppenstufen auf den Weg zum Strand machen.
Die Jungs in unserer Familie entdecken dabei das Klippenspringen für sich. Kein Fels in der Bucht ist zu hoch und sicher vor ihnen. Dabei hat Mads eigentlich Höhenangst und sich bisher kaum getraut überhaupt irgendetwas Hohes auch nur zu betreten. Plötzlich springt das Kind von sieben Meter hohen Felsen. Mein Mutterherz zieht sich zusammen und ich bin zugleich stolz und fasziniert. Kurzum hat jeder seinen Spaß und dennoch zieht es uns auch in diesem Urlaub auf kleine Ausflüge in die nähere Umgebung.
Von Makarska, das ungefähr 20 Minuten entfernt liegt, kann man mit einem Schnellboot von Palladium die vorgelagerten Inseln erleben. Auf der kleinen Insel Zecevo schnorcheln wir in einer kleinen Bucht, die aufgrund ihres türkisen Wasser auch als blaue Lagune bezeichnet wird. Wir schlendern durch das kleine Städtchen Verboska, ein Mini-Venedig, auf der Insel Hvar. In Verboska bekommen wir Hunger und kehren in einer kleinen Pizzeria ein. Allerdings machen wir die Rechnung nicht mit der verbleibenden Zeit bis zur nächsten Abfahrt unseres Schnellbootes und daher lassen wir uns die Pizza kurzerhand einpacken. „Das trägt man jetzt so in Paris…äh, Verboska!“, scherze ich, als ich mit der Pizza im Arm durch den Hafen zurück zum Boot laufe. Eines kann man allerdings sagen: Die neidischen Blicke unserer Mitfahrer sind uns sicher, als wir herzhaft in unsere Pizza-Stücke beißen, während wir wieder hinaus aufs Meer schippern. So sind wir halt. Immer ein bisschen zu spät dran, dafür aber einfallsreich!
Zlatni Rat ist der Strand, der wie ein Dreieck weiß in die kristallklare Adria hinausragt. Wegen dieses Strandes hatte ich diese Bootstour überhaupt ausgewählt. Und der Strand ist auch wunderschön…und ganz schön voll. Wie war mein Gedanke vor der Reise nochmal zu den vollen Ständen mit vielen Touristen? Ich kann euch sagen, hier habe ich ihn gefunden. Es gibt Liegen und Beachbars, jede Menge Wassersportangebote und sogar einen aufblasbaren Wasserpark vor der Küste. Versteht mich nicht falsch, ich verachte eine gute Beachbar sicher nicht und ich mag auch Action, aber die blaue Lagune auf Zeveco, in der wir fast allein schnorcheln waren, hat mir definitiv besser gefallen! Oder unser eigener Strand in Marusici, an den sich nur die Leute verirren, die um uns herum wohnen. Aber einer kommt hier auf jeden Fall auf seine Kosten: Mads hat sich schon den gesamten Urlaub gewünscht, dass wir mal in einem der aufblasbaren Wasserparks herumklettern.
Und so wird es dann auch gemacht. Die Jungs klettern auf die höchsten Hindernisse und springen ins Meer. Mia und ich tapsen über die rutschigen Flächen und plumpsen lachend ins Wasser. Am Ende treffen wir uns alle auf dem Trampolin, das sich irgendwo in diesem Hindernisparcours befindet. Jens und Mads finden gar kein Ende, so dass wir Mädels irgendwann zum Strand zurückschwimmen, uns entspannt sonnen und die beiden von dort beobachten. Unsere Jungs sind auch die letzten beiden, die schnell noch aufs Boot sprinten, als die ersten Leinen schon abgelegt werden und wir für die Kletteräffchen ein gutes Wort einlegen. Unser letztes Ziel ist eine kleine, versteckte Bucht auf Brac, die man nur mit dem Boot erreichen kann. Eine einsame Bucht zum Schnorcheln ist wieder genau nach meinem Geschmack. Wir beobachten flinke Fische, planschen noch etwas und Jens und ich gehen auf einen Landgang am einsamen Strand in der Abendsonne. Auf jeden Fall eine Tour, die zu empfehlen ist! Ich meine sogar, dass ich auf dem Weg zu einer der Inseln drei Delphine in der Ferne durch’s Wasser springen sah. Leider war ich zu langsam mit der Kamera, um diesen Moment festzuhalten.
Zum Abschluss gibt es ein leckeres Eis und einen Bummel durch die Altstadt und den Hafen von Makarska. Die Stadt erinnert mich sehr an die Städte, die ich aus Istrien kenne. Die hellen Steine, mit denen die Fußgängerzone gepflastert ist, die kleinen Geschäfte, der Hafen direkt angrenzend. Nur der Gebirgszug im Hintergrund hebt sich komplett von dieser Erinnerung ab. Was für ein beeindruckender Anblick!
Schon in der Heimat habe ich für uns alle Tickets für den Krka Nationalpark gebucht. Kleiner Tipp von mir: Es gibt viele Anbieter und Touren dorthin, aber die günstigsten Tickets habe ich beim Nationalpark selbst gefunden. Dabei konnte ich sogar eine Fähre in den Nationalpark von Skradin aus buchen. Neuer Tag, neues Boot, würde ich sagen. Wir haben schon unsere gesamte Zeit in Kroatien etwas über 30°C und heute ist der bisher heißeste Tag mit 33°C. Als wir den Fluss in Richtung Skradinski Buk fahren, dem malerischen Wasserfall, der unser Ziel ist, sehen wir eine Badestelle. Das Wasser des Flusses ist so türkis wie die Adria und der Badestrand sieht so einladend aus, dass wir beschließen, uns dort auf dem Rückweg abzukühlen. Aber zuvor wandern wir nach unserer Ankunft mit dem Boot durch den Krka Nationalpark. Wir bestaunen jeden der insgesamt sieben Wasserfälle, die hier bei Lozovac mit viel Kraft türkisgrün in die Tiefe stürzen.
Über eine Brücke kann man den Fluss überqueren und auf der anderen Seite über steinerne Treppen den Berg erklimmen, auf dem die Wasserfälle ihren Ursprung haben. Von verschiedenen Aussichtspunkten blicken wir begeistert auf die Wasserlandschaft, die aussieht wie einem Bild von Monet entsprungen. Am Ende der letzten Stufen brauchen die Kinder eine Pause und chillen etwas im Schatten, während wir die Aussichtspunkte, eine kleine Kapelle und ein paar andere Gebäude erkunden. Die Sonne brennt und wir suchen Abkühlung an einem öffentlichen Wasserspender, an dem man seine Flaschen auffüllen kann. Die Kinder kommen zu uns und wir spritzen uns gegenseitig nass (und aus Versehen auch ein paar andere Besucher, die es aber ob der Hitze mit viel Humor nehmen).
Ein Stückchen wollen wir noch gehen und entdecken dabei eine Art kleines Museumsdorf, in dem man die alte Mühle, die sich hier früher befand, besichtigen kann. Eine Höhle mit einem unterirdischen Wasserfall diente als eine Art Waschraum. Auch hier kühlen wir uns nochmal ordentlich ab. Außerdem kann man in einem kleinen Museum alles über das Wasserkraftwerk erfahren, das sich seit dem 19. Jahrhundert hier befand. Noch ein Stück weiter führen hölzerne Stege durch den Wald mit kleinen Bachläufen und Seen, die alle an unterschiedlichen Stellen in die Wasserfälle etwas weiter unten münden. Ein Meer aus türkis und grün, in dem Mads seine neue Leidenschaft fürs Fotografieren entdeckt. Seine Models sind Enten aus allen möglichen Perspektiven. Naja, die sind es sicher gewohnt hier ständig fotografiert zu werden. Der Weg ist magisch und an vielen Stellen sind wir ganz allein unterwegs. Hier hatte ich natürlich auch mit Menschenmassen gerechnet. Aber wir haben Glück. Vielleicht liegt es an der Hitze oder daran, dass Montag ist, aber heute sind nicht übermäßig viele Touristen unterwegs. Die meisten halten sich unten beim größten Wasserfall auf, den man als erstes erreicht. Dort gibt es auch jede Menge Buden mit Snacks, Getränken und Souvenirs. Aber je höher man steigt und je tiefer man in den Wald hineingeht, desto weniger Leute sind zu sehen. Vielleicht wissen viele gar nichts von dem Museum auf dem Berg und den Holzstegen?
Der leichte Wind auf dem Fluss kühlt uns nach unserer kleinen Wandertour wieder gut ab, als wir uns auf dem Rückweg nach Skradin befinden. Noch besser wird es, als wir in das klare Wasser des Flusses springen. Ein Stück weiter springen Jugendliche vom Stahlbogen einer Brücke und ich bin froh, dass meine Jungs diesmal ganz gechillt durch das Wasser dümpeln. Eine Schwanenfamilie gesellt sich zu uns und schwimmt in aller Seelenruhe mit seinen Jungen durch die Badegäste. Wir sind noch patschnass, da wir keine Handtücher mitgebracht haben, als wir durch die Altstadt von Skradin flanieren. „Mama, du siehst aus, als hättest du dich eingepinkelt!“, stellen die Kinder fest. Aber was soll man machen. So wie wir sind, suchen wir uns einen netten Platz in der Konoba Dalmatino. Eine Konoba ist eine Taverne. Wir bestellen Steaks, Fisch und wie diesen gesamten Urlaub über Pulpo-Salat. In jedem Restaurant haben wir ihn bisher bestellt und wollen uns schon als international anerkannte Pulpo-Salat-Tester anmelden. In der Konoba in Marusici war er üppig und lecker, dieser hier ist würziger und schmeckt sogar noch besser.
Abends trinken wir den Weißwein mit einem aufgedruckten Schwein in der Dämmerung auf unserer Terrasse und blicken aufs Meer hinaus. Der „Schweinewein“ heißt bei uns so, weil es ein Grasevina (ein kroatischer Welschriesling) mit einem aufgedruckten Schwein auf dem Etikett ist. Eine leckere Weinsorte, von der wir eigentlich eine Flasche mit nach Hause nehmen wollen, aber weil er eben so lecker ist, wird das am Ende nicht passieren. Die Abende sind jetzt schön warm und angenehm. An unseren ersten Abenden habe ich trotz 26°C noch eine Sweatjacke übergezogen, da ab und zu abends an der Küste ordentlich Wind aufzieht.
Ein letztes kulinarisches Highlight unserer Reise ist die Konoba Ivandica Dvori, die in unserem Nachbarort Brela liegt. Sie befindet sich in einem ehemaligen Wohnhaus von 1880, das zeitweise knapp 60 Menschen beherbergte. Das Haus an sich gleicht einem kleinen Kloster mit Innenhof und der Blick von der Terrasse auf die Berge und die Küste ist in im Sonnenuntergang traumhaft. Hier essen wir zudem den besten Pulpo-Salat unserer wissenschaftlichen Testreihe! Ein gelungenes Dinner an einem unserer letzten Abende.
In unserer Heimat, dem Weserbergland, regnet es unentwegt, während wir uns in Kroatien befinden. Man kann sich also denken, dass wir nach diesen 10 sonnenreichen Tagen, einfach nicht nach Hause wollen. Aber wir waren in letzter Zeit schon viel unterwegs. Von der Hochzeit in Slowenien, über den 60sten Geburtstag in den Niederlanden und nun Kroatien. Es wird Zeit den Rückflug anzutreten und endlich mal wieder ein bisschen Zeit zuhause zu verbringen. Bis zur nächsten Reise…


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